Feb 11, 2021

Hybride & digitale Events: das haben wir aus 2020 gelernt

 

Es ist keine Neuigkeit, dass das Corona-Virus die Produktion von Live-Events im Jahr 2021 weiter beeinträchtigen wird. Was haben wir also aus 2020 gelernt?

In diesem Artikel teilen wir die Erfahrungen, die Veranstalter*innen von Europas führenden Showcase-Festivals und Konferenzen mit der Produktion von hybriden und digitalen Events gemacht haben. Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, was gut funktioniert hat und welche Herausforderungen aufgetreten sind, haben wir mit Mitgliedern des INES-Netzwerks gesprochen, darunter die Organisator*innen von Monkey Week (Spanien), Waves Festival (Österreich), FOCUS Wales (Großbritannien), PIN (Mazedonien), BuSH (Ungarn), Live at Heart (Schweden), m4music (Schweiz) and Kontakt (Serbien).

Experten-Tipps: hybride & digitale Events

Welche Streaming Softwares verwendet ihr?

Vor allem Zoom Webinar. Die Vorteile sind, dass es einfach zu bedienen und einzurichten ist und für Konferenzen die einfachste Möglichkeit bietet, sich per Videochat mit dem Publikum zu unterhalten. Networking wird durch verschiedene Break-Out-Räume unterstützt, die genutzt werden können, um in kleineren Gruppen über ein Thema zu sprechen.

Die OBS Software ist ebenfalls kostenlos und einfach zu bedienen. Sie wird für Twitch-, Youtube- oder Facebook-Livestreaming verwendet – oder für alle drei gleichzeitig. Die Einbeziehung des Publikums ist hier durch den Chat möglich und man kann außerdem andere Streamer im selben Video für eine Podiumsdiskussion co-hosten. 

Mit Restream.io kann man mit nur einem Stream auf verschiedene Social-Media-Plattformen wie Youtube, Facebook und Twitch gleichzeitig streamen. Dies kann eine Menge Zeit sparen und die Reichweite der Streams erhöhen. Die Software ist sowohl in einer kostenlosen als auch in einer Standard- ($16/Monat) und einer professionellen Version ($41/Monat) erhältlich. Ein Upgrade ermöglicht mehr Kanäle, mehr Grafikoptionen und bis zu 10 Stunden Aufzeichnung der Streams.

Welche Streaming-Plattformen eignen sich am besten für digitale Events?

Die meisten INES-Festivals wurden über YouTube und Facebook gestreamt. Einige nutzten jedoch auch andere Plattformen wie Twitch & Mixcloud, lokale Plattformen wie die walisische Plattform AM oder die Festival-Websites selbst. Die Verwendung mehrerer Plattformen ist hilfreich, da auf jeder ein anderes Publikum erreicht werden kann. Wichtig zu bedenken ist, dass Social-Media-Accounts bei z.B. Twitch und Mixcloud erst aufgebaut werden müssen, um Follower zu gewinnen.

Was ist besser: Voraufgezeichnete oder live gestreamte Shows & Konferenzpanels?

Viele Festivals nutzten eine Mischung aus vorab aufgezeichneten und live gestreamten Inhalten, was für sie gut funktionierte. Die Vorteile der Verwendung von aufgezeichnetem Material sind eine größere Flexibilität bei der Zeitplanung, die Möglichkeit, Fehler zu korrigieren und eine einfachere Organisation von Konferenzpanels mit internationalen Redner*innen.  Auf der anderen Seite ermöglichen Livestreams Interaktionen mit dem Publikum, was mehr “Festival-Feeling” erzeugt.

Einige der Festivals wurden kreativ und implementierten neue Formate, um ihre Musik- und Konferenzinhalte zu vermitteln. PIN zum Beispiel strahlte ein 13-stündiges Programm mit voraufgezeichneten Artist Showcases und “Panels” mit 150+ Delegierten aus, die einzeln per Zoom interviewt und deren Antworten dann zu Videos zu verschiedenen Themen geschnitten wurden. Das Programm kann immer noch auf Facebook angesehen werden.

Statt die Künstler*innen durch live gestreamte oder aufgezeichnete Auftritte zu präsentieren, setzte BuSH auf eine Video-Kampagne, in der die Bands in 2-4-minütigen Videos ungewöhnliche Fragen beantworteten und ein*e Moderator*in sie und ihre Musik vorstellte. Diese Videos wurden auf Facebook und YouTube veröffentlicht.

Wie viel Publikum ziehen digitale Events?

Digitale Events bieten einen großen Vorteil: die Erreichbarkeit für Menschen auf der ganzen Welt, die sonst nicht teilnehmen könnten. Aufgrund dessen berichten viele Festivals von einer besseren Reichweite als bei einem regulären Live-Event. PIN verzeichnete zum Beispiel 30.000 Zuschauer*innen online. Die meisten davon auf YouTube und Facebook. Auf Facebook konnten durch viele Crosspostings mit anderen Festivals viel Publikum erreicht werden. Darüber hinaus sahen ca. 1 Million Zuschauer*innen ihr Programm durch eine Ausstrahlung auf einem nationalen TV-Sender in Mazedonien.


Digitale Events können sehr effektiv sein, um größeres Publikum zu erreichen – auch für unbekannte Bands!


Monkey Week produzierte ebenfalls eine TV-Show, die an 5 Tagen ausgestrahlt wurde und insgesamt 80 Stunden Programm umfasste. Im Durchschnitt verfolgten 400 Personen gleichzeitig ihren Stream auf YouTube, mit einem Maximum von 800 Zuschauer*innen auf einmal und 3.500 Unique Viewers pro Tag.

BuSH konnte mit der Artist Video Kampagne eine Reichweite von 20-30.000 pro Video erzielen. Dies zeigt, dass das digitale Showcasing von Künstler*innen sehr effektiv sein kann, um ein größeres Publikum zu erreichen – auch für unbekannte Bands.

Wie wird Networking digital gelöst?

Ein wichtiger Aspekt von Showcase-Festivals und Konferenzen ist sowohl für Delegates als auch für Künstler*innen das Networking. Die Organisatoren fanden innovative Lösungen, um dies auch digital zu ermöglichen. So können zum Beispiel Zoom-Breakout-Räume genutzt werden, um vorselektierte Gruppen miteinander in Kontakt zu bringen.

Auf diese Weise realisierte FOCUS Wales seine Artist Accelerator Sessions, bei denen es sich um 15-minütige Speed-Meetings zwischen Künstler*innen und Delegierten handelt. Monkey Week hat sogar eine eigene App entwickelt, in der die Delegierten ihre eigenen Profile erstellen und Videoanrufe vereinbaren konnten.

Eine wichtige Erfahrung ist, dass es wichtig ist, die Personen, die man treffen möchte, im Voraus auswählen zu können. Zufällige Networking-Gelegenheiten vom Typ Chat-Roulette funktionierten auf digitalen Showcase Events meist nicht gut.

Welche Herausforderungen stellen sich?

Digitale Events birgen eine großen Herausforderung: die Klärung von Urheberrechtsfragen! Dies ist sehr wichtig, damit alle Inhalte online verfügbar bleiben können.

Außerdem ist die Technik bekanntlich manchmal unzuverlässig, so dass bei einigen Festivals technische Probleme auftraten. So bracht z.B. die Übertragung manchmal ab und musste neu gestartet werden. Um dies zu vermeiden, empfehlen wir, eine stabile Kabel-Internetverbindung anstelle von WIFI zu verwenden und einen Back-up-Stream mit einem anderen Gerät bereitzuhalten, um umschalten zu können, falls etwas schiefgeht.

Eine weitere Herausforderung, die sich offenbarte, ist, dass es schwierig sein kann, die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten und es einzubinden – besonders in den Konferenzpanels. Für eine bessere Einbindung des Publikums ist es hilfreich, einen Chat einzurichten, in dem sich die Zuhörer*innen mit den Referent*innen und untereinander austauschen können.

Und natürlich ist es nicht wirklich möglich, die Live-Erfahrung von Live-Musik in digitalen Events zu ersetzen oder nachzubilden. Daher sollte dies nicht das Ziel sein, sondern es müssen andere Ansätze gefunden werden, um in diesen Zeiten etwas Interessantes und Wertvolles für das Publikum zu schaffen.

Wie werden digitale Events finanziert?

Interessante Frage: wie teuer sind digitale Events eigentlich? Und wie werden sie finanziert? Natürlich bringt die Produktion von hochwertigen Videos und das Streaming-Setup neue Kostenfaktoren mit sich. Bei digitalen Veranstaltungen fallen die meisten Kosten für die Beauftragung einer Produktionsfirma oder die Anschaffung von Equipment an, wenn die Produktion in Eigenregie durchgeführt wird. Auf der anderen Seite entfallen viele Kostenfaktoren wie z.B. reisebedingte Kosten – oder sie werden zumindest stark reduziert. Daher konnten einige Festivals ihre digitalen Showcases aus ihrem regulären Budget heraus realisieren, ohne zusätzliche Mittel.

Andere erhielten eine gewisse Förderung durch öffentliche Stellen oder Botschaften. Wenn z.B. ausländische Bands in ihrem Line-Up vertreten waren, konnten sie von Botschaften einen Teil der Produktionskosten abdecken lassen. Im Allgemeinen scheint es (noch) kein großes Interesse von Sponsoren an digitalen Events zu geben. Wenn man sich aber die Zuschauerzahlen und die innovativen Ideen ansieht, die die Organisator*innen vorbringen, um besondere digitale Erlebnisse zu schaffen, wird sich das in Zukunft wohl ändern.


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