Sep 25, 2020

Herbert Grönemeyer & Olli Schulz: Keine Lobby für Livemusik?

 

Die Corona-Krise offenbart strukturelle Schwächen der Kulturszene. Hat Livemusik keine starke Lobby? Und wenn ja: warum nicht? Selbst Schuld? Olli Schulz sagt ja, während Herbert Grönemeyer den Wert der Veranstaltungsbranche beschwört. Diskutiere mit! Umfrage unten.

Olli Schulz: Keine Lobby für Livemusik

Fest & Flauschig mit Olli Schulz und Jan Böhmermann ist der erfolgreichste deutschsprachige Podcast auf Spotify und erreicht mehrere 100.000 Hörer*innen. In der Sonntagsfolge vom 20. September 2020 (50:30) spricht Olli Schulz ein ernstes Thema an, das auch uns seit jeher beschäftigt und für das weder er noch wir eine einfache Antwort parat haben: Warum gibt es keine starke Lobby für Livemusik? Für die Corona-Krise hätte die Kulturszene eine Lösung mit staatlicher Förderung, wie sie der Koch- und Gastronomiebereich in Deutschland erwirkt habe, nicht hinbekommen. “Musiker haben einfach keine geile Lobby – und so’n bisschen ist man auch selber Schuld daran – an der ganzen Scheiße, die gerade stattfindet”, sagt Olli Schulz. 

Zersplitterte Branche

Die Szene sei zu zersplittert und die Branche aufgeteilt in große Firmen. Das große Dilemma der Kulturszene sei, dass es keine richtige Community gäbe. “Es gibt Clubs, in denen ich spiele, wo der Typ das aus Leidenschaft macht und nie Plus macht und seine Miete zahlt”, so der Musiker Schulz. “Man ist vielleicht auch ein bisschen zu sehr im Konkurrenzdenken. Aber viele kleine Läden, wo das Große entstehen soll, sterben gerade!” Es sei vor dem Hintergrund “traurig zu sehen”, dass Musiker*innen keine starke Lobby hätten. “Jetzt gerade stirbt wirklich der letzte Rest an kleiner Kultur weg!” In dieser prekären Situation gäbe es prominenten bekannten Fürsprecher für die Musikszene, die Künstler*innen und Clubs – jemanden wie Tim Mälzer, der unter Tränen bei Markus Lanz auftritt und auf die Gastro-Bedarfe aufmerksam macht.

Alarmstufe Rot

Mit 130 Mrd. € Umsatz ist die Veranstaltungsbranche der sechtsgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Er zählt über eine Million Beschäftigten – der Großteil davon sogenannte soloselbständige Kleinunternehmer*innen mit eigenem Risiko ohne doppelten Boden oder irgendeinem Sicherheitsnetz. Jemand, der versucht hat, der Live-Branche eine Stimme zu geben, ist Herbert Grönemeyer – der kommerziell erfolgreichste zeitgenössische Musiker Deutschlands.

Herbert Grönemeyer: Zauberer zur Disposition

Am 9. September hielt er in Berlin auf der Alarmstufe Rot-Demo zur Rettung der Veranstaltungsbranche (Forderungen von Alarmstufe Rot hier) eine flammende Rede: “Ein Land ohne Live-Kultur ist wie ein Gehirn ohne geistige Nahrung – ohne Euphorie, Aufbruch, Lust, Diskurs, Lachen und Tanz. Es verdorrt, gibt Raum für Verblödung, für krude und verrohende Theorien, verhärtet und fällt seelenlos auseinander.” Die Veranstaltungsbranche sei “die rauschende Seele und der offene Herzschlag der Nation” und Deutschland stelle “seinen Zauber aufs Spiel und seine Zauberer zur Disposition”, würde die Branche in der Krise nicht angemessen unterstützt. 

 

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Frage an die gigmit Community: Selbst Schuld?

Werden die kleinen Künstler*innen und Veranstalter*innen nicht gehört? Wer könnte ihre Stimme sein? Kann vielleicht die Berliner CLUBCOMMISSION, die mit ihrem mittlerweile international erfolgreichen Corona-Projekt “United We Stream” jüngst beim Reeperbahn Festival mit einem VUT Indie Award (VIA) als “Best New Music Business” ausgezeichnet wurde, als gutes Lobby-Vorbild dienen? Was für eine Lobby wünschst du dir? Wie willst du vor Corona gerettet werden? Wie willst du selber kämpfen? Wer für wen? Gibt es einen Gemeinsinn in der Musikszene oder dominiert insgeheim doch die Ellenbogenmentalität?

Die gigmit Community ist über 130.000 Solo-Acts, Bands, DJs und Veranstalter*innen groß. Darum fragen wir direkt und wollen deine Stimmen hören.

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