Visum & Arbeitserlaubnis
Innerhalb der EU gibt es für EU-Staatsangehörige keine Probleme wenn sie international auf Tour gehen wollen: aufgrund der Dienstleistungsfreizügigkeit wird weder ein Visum noch eine Arbeitserlaubnis für Konzerte in anderen EU-Staaten benötigt. Schwieriger ist die Situation für nicht-EU-Staatsangehörige, und zwar auch für die, die mit einer Aufenthaltserlaubnis in einem EU-Staat leben: sie müssen nämlich für jedes Land einzeln prüfen, ob sie für die Einreise ein Visum und eine Arbeitserblaubnis für den Auftritt benötigen.
Für die Einreise ist die Lage innerhalb des Schengen-Raums einfach, denn hier gibt es harmonisierte Regeln für kurze Aufenthalte. Achtung: der Schengen-Raum ist nicht deckungsgleich mit der EU. Einige EU-Staaten sind nicht Teil des Schengen-Raums (Irland, UK, Rumänien, Kroatien, Bulgarien, Zypern), während einige nicht-EU-Staaten wiederum Teil des Gebiets sind (Schweiz, Liechtenstein, Island, Norwegen). Bei Arbeitserlaubnissen hat aber jedes Land für nicht-EU-Staatsangehörige eigene Regeln.
Besonders streng ist das Vereinigte Königreich: da es nie dem Schengen-Raum beigetreten ist, müssen viele nicht-EU-Staatsangehörige ein Visum für die Einreise beantragen. Außerdem brauchen sie (auch wenn eine Einreise ohne Visum möglich ist) eine Art Arbeitserlaubnis, das Certificate of Sponsorship, welches aber oft direkt über die dortigen Veranstalter*innen beantragt werden kann. Das Certificate of Sponsorship könnte auch für EU-Staatsangehörige nach Ablauf der Brexit-Übergangsphase ab 2021 Pflicht werden. Die Regeln für Visa für Konzerte in Ländern außerhalb der EU wie in den USA oder in Australien sind besonders restriktiv. Neben hohen Kosten dauert die Antragstellung sehr lange und ist oft nur mit einem Fachanwalt zu meistern.
Transport & Zoll
Bezüglich des Transports von Musikinstrumenten und Merchandise sind die Regeln innerhalb des EU-Zollgebiets einfach: hier gibt es fast nichts zu beachten, denn der Warenverkehr innerhalb des Gebiets ist grundsätzlich frei. Achtung: es gibt einige Gebiete, die nicht Teil des EU-Zollgebiets sind, wie z. B. die kanarischen Inseln. Für Musikinstrumente, die entweder sehr wertvoll oder alt sind oder aus geschützten Materialien (bedrohte Hölzer oder Tierarten) bestehen, müssen auch beim Transport innerhalb der EU bestimmte Regeln beachtet werden.
Für den Transport außerhalb des EU-Zollgebiets gibt es dagegen viel zu beachten. Für den Verkauf von Merchandise in Ländern außerhalb des EU-Zollgebiets fällt die sogenannte Einfuhrumsatzsteuer an, die in der Regel deckungsgleich mit der jeweiligen nationalen Umsatzsteuer ist. Wenn ihr zum Beispiel in der Schweiz eine LP verkauft, müsst ihr Schweizer Umsatzsteuer bezahlen. Bei der Einreise sollte daher immer eine aktuelle Inventarliste mitgeführt werden, so dass bei der Ausreise die verkauften Stücke korrekt abgerechnet werden können.
Neben der Einfuhrumsatzsteuer können auch Zollgebühren anfallen. Um zu vermeiden, dass bei der Mitnahme von Equipment solche Einfuhrabgaben entstehen, kann das sogenannte Carnet ATA genutzt werden, welches viele Länder anwenden. Das Carnet ATA ist eine Art “Pass” für Gegenstände, mit dem ihr beweisen könnt, dass ihr zum Beispiel eure Musikinstrumente nur temporär in ein anderes Zollgebiet bringt und dann wieder mit nach Hause nehmt. In Deutschland sind die Industrie- und Handelskammern für die Ausstellung der Carnet ATAs zuständig. Eine Abwicklung mit Carnet ATA ist beim Transport von wertvollen Instrumenten oder großen Produktionen empfehlenswert. Es lohnt sich auch immer, bei der Veranstalter*in nach aktuellen Erfahrungswerten zu fragen und Rechnungen oder Dokumentationsmaterial mitzuführen, mit denen ihr beweisen könnt, dass euch euer Equipment gehört und wo ihr es ursprünglich gekauft habt. Oft gibt es nämlich Probleme beim Rücktransport nach Deutschland – und dann müsst ihr glaubhaft erklären können, dass ihr eure Instrumente nicht im Ausland gekauft habt und nach Deutschland importiert! Ein Vorabtermin beim Zoll, um eine sogenannte Rückware anzumelden, kann hier helfen.
Einkommensteuer
Generell gilt für die Einkommensteuer das “Welteinkommensprinzip”: egal wo das Honorar gezahlt wird, es wird an dem Ort besteuert, an dem ihr steuerlich ansässig seid. Für Bühnenauftritte (Musik, Theater, Tanz, Schauspiel…) gibt es aber eine nahezu weltweit gültige Sonderregel: Honorare können nämlich zusätzlich auch in dem Staat besteuert werden, in dem der Auftritt stattfindet – eine doppelte Besteuerung also, in Deutschland auch umgangssprachlich als “Ausländersteuer” bekannt (für die “Steuer”-Ausländer*innen).
Geregelt wird dies in bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei Staaten. Die Besteuerung in dem Land, in dem der Auftritt stattfindet, ist in der Regel pauschal (und nicht progressiv) und kann sehr hoch sein – in den USA z. B. 30 %! Die Veranstalter*innen sind dafür verantwortlich, die Steuer vom Honorar abzuziehen und an die Steuerbehörde des jeweiligen Landes weiterzuleiten. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es daher wichtig, bei den Vertragsverhandlungen über das Honorar zu sprechen: handelt es sich um ein sogenanntes “Nettohonorar” (die Steuer ist schon abgezogen; der Auszahlungsbetrag) oder um ein “Bruttohonorar” (die Steuer wird davon abgezogen; der Auszahlungsbetrag ist entsprechend niedriger)?
Es gibt je nach Land Sonderregeln, wie mit diesem auch als “Quellenbesteuerung” bezeichneten System umgegangen wird. Oft gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, einen Antrag auf eine Freistellung zu stellen oder die Steuer fällt unter gewissen Honorar-Grenzen gar nicht erst an. Drei EU-Länder (Niederlande, Irland, Dänemark) verzichten sogar ganz auf die Anwendung der Quellenbesteuerung bei darstellenden Künstler*innen.
Achtung: Diese Art der Besteuerung fällt auch an, wenn ihr Nutzungsrechte ins Ausland verkauft, wie zum Beispiel Filmaufnahmen oder Kompositionen. In diesem Fall kann aber oft auf Antrag der Steuersatz gesenkt werden. Wenn ein Steuerabzug stattgefunden hat, solltet ihr euch von der Veranstalter*in eine Bestätigung darüber einholen – diese könnt ihr dann bei eurer Steuererklärung einreichen, um eine doppelte Besteuerung abzufedern.
Umsatzsteuer
Innerhalb der EU gibt es koordinierte Regeln bezüglich der Umsatzsteuer. Unterschieden wird zwischen Unternehmen und Privatpersonen. Für Unternehmen, unter die auch freiberufliche Musiker*innen oder Vereine fallen, gibt es einen EU-weit gültigen “Beweis” für die Unternehmereigenschaft: die internationale Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die Nummer kann in Deutschland bei der Bundeszentrale für Steuern (BZSt) beantragt werden – auch von Kleinunternehmer*innen.
Wenn ihr Rechnungen an andere Unternehmen in der EU stellt und sich beide Seiten mit der internationalen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als “Unternehmen” ausweisen können, verlagert sich die Zuständigkeit für die Umsatzsteuer auf die Empfänger*in der Rechnung, also zum Beispiel auf den Club oder die Veranstalter*in im Ausland. Diese Art der Rechnungsstellung wird als “Umkehrung der Steuerschuldnerschaft” (auf Englisch “Reverse Charge”) bezeichnet. Das heißt konkret, dass die Musiker*in eine Rechnung ohne Umsatzsteuer mit Hinweis auf das “Reverse Charge”-Verfahren stellt. Die Empfänger*in schuldet dann die Umsatzsteuer gemäß den Gesetzen des Landes, in dem sie ansässig ist.
Die Musiker*in, die die Rechnung gestellt hat, muss diese Art von Umsätzen dann auch in Deutschland dem Finanzamt melden. Wenn ihr selber ein Konzert im Ausland veranstaltet und Tickets verkauft oder Rechnungen an Privatpersonen im Ausland stellt, müsst ihr euch in dem anderen Land steuerlich registrieren und die dortige Umsatzsteuer zahlen. Daher die Empfehlung: klärt das auf jeden Fall mit eurer Steuerberater*in ab!
Krankenversicherung
Innerhalb der EU gibt es auch im Bereich der Krankenversicherung eine Koordinierung: gesetzlich Versicherte haben eine Europäische Krankenversicherungskarte (European Health Insurance Card, EHIC), mit der sie bei Unfällen auch in anderen Ländern bei touristischen oder privaten Reisen behandelt werden können. Bei beruflichen Auslandsaufenthalten wie z. B. bei einem Konzert – muss aber oft noch eine andere Formalität beachtet werden: in diesem Fall muss eine sogenannte “Entsendung” beantragt werden. Das ist kostenlos, geht schnell und wird in Deutschland von der jeweiligen Krankenkasse geregelt, die ein sogenanntes “A1-Formular” als Bestätigung ausstellt.
Mit dem A1-Formular wird bestätigt, dass ihr in Deutschland versichert seid. Das wird dann wichtig, wenn ihr in Ländern wie Frankreich auftretet: denn dort werden Musiker*innen auch für einen einzigen Auftritt immer stundenweise angestellt – mit einem direkten Abzug von Kosten für die französische Krankenversicherung vom Honorar. Mit dem A1-Formular könnt ihr diesen Abzug vermeiden, denn es bestätigt euren Versicherungsschutz zuhause und verhindert zusätzliche Versicherungskosten von anderen Ländern. Die “goldene Regel” der EU-Koordinierung ist nämlich, dass ihr immer nur in einem Land versichert sein könnt – und nie in zwei Ländern gleichzeitig. Viele Veranstalter*innen benötigen immer ein A1-Formular, so dass klar ist, wo ihr versichert seid.
Außerhalb der EU müsst ihr erst schauen, ob es zwischen Deutschland und dem anderen Land ein so genanntes Sozialversicherungsabkommen gibt. Wenn in dem Abkommen auch die Krankenversicherung mit eingeschlossen ist, kann auch eine Entsendung beantragt werden. Bei Ländern, mit denen es kein Abkommen gibt, muss auf jeden Fall eine Reisekrankenversicherung abgeschlossen werden – und im schlimmsten Fall fallen zusätzlich auch noch weitere Kosten an, wenn bei Auftritten in dem anderen Land bestimmte Versicherungen Pflicht sind.
Musikinstrumentenversicherung
Generell ist es immer ratsam, bei Tourneen im In- und Ausland eine Musikinstrumentenversicherung abzuschließen. In der Regel deckt sie neben dem Transport (bei dem die meisten Schäden passieren) auch Diebstahl und die eigene Unachtsamkeit bei Konzerten ab. Zu beachten ist, ob die Versicherung weltweit gültig ist und ob auch zusätzliches Equipment (Koffer, elektronische Zusatzgeräte, usw.) mit abgedeckt ist.
Vorsicht bei der “Nachtzeitklausel”, die Bestandteil einer Versicherungspolice sein kann: zwischen 22 und 6 Uhr ist die Versicherung nicht wirksam – das kann Probleme verursachen, wenn zum Beispiel Instrumente in der Nacht aus dem Tourbus geklaut werden oder der Auftritt nachts ist. Die Klausel kann aber gegen eine zusätzliche Gebühr aus der Police gestrichen werden. Wichtig ist auch zu klären, wem die Instrumente eigentlich gehören – einer Einzelmusiker*in oder der Band als GbR? Empfehlenswert ist daher für den Einzelfall eine Beratung durch eine auf Musiker*innen spezialisierte unabhängige Versicherungsmakler*in.
Förderung
Konzerte im Ausland sind mit hohen Kosten für die Reise und den Transport verbunden. Es gibt viele Möglichkeiten, öffentliche Fördermittel für Auftritte im Ausland zu beantragen. Zuständig ist in der Regel immer eine Förderinstitution am Wohnsitz – denn die Stadt, Region oder das Land, in dem ihr wohnt, hat ein besonderes Interesse daran, die lokale oder nationale Musik zu exportieren. In Deutschland ist die erste Ansprechpartner*in die Förderstruktur der Stadt oder des Bundeslandes. Für in Berlin lebende Musiker*innen bietet zum Beispiel das Musicboard eine Supporttourförderung an.
Auf nationaler Ebene sind die Musik-Export-Büros zuständig – in Deutschland ist dies die Initiative Musik mit dem Programm Internationale Tourförderung. Auch das Goethe-Institut bietet eine Reihe von Ausschreibungen für Projekte im Ausland an. Es ist auch möglich, eine Initiativbewerbung mit Informationsmaterialien und Hörbeispielen an das Goethe-Institut für mögliche zukünftige Kooperationen zu schicken. Für konkrete Projekte in einem bestimmten Land lohnt es sich auch, direkt das Goethe-Institut vor Ort zu kontaktieren. Die spartenübergreifende Plattform On The Move sammelt weltweit Aktuelles zum Thema Mobilitätsförderung – hier gibt es eine Unmenge an Informationen und aktuelle Ausschreibungen. Tipp: Newsletter abonnieren!
touring artists
Dieser Artikel entstand mit der Unterstützung von Sebastian Hoffmann von touring artists. Das spartenübergreifende Informationsportal touring artists leistet beim Fragen rund ums International-auf-Tour-Sein Aufklärungsarbeit und bietet in Zusammenarbeit mit SMartDe – Netzwerk für Kreative e. V. auch ein kostenloses Beratungsangebot an. Im Zentrum stehen alle administrativen Fragen für internationales Arbeiten für Künstler*innen mit Wohnsitz in Deutschland, für Künstler*innen mit Wohnsitz im Ausland mit Projekten in Deutschland sowie für Kulturorganisationen oder Firmen in Deutschland, die mit im Ausland lebenden Künstler*innen zusammenarbeiten. touring artists ist ein Projekt der Internationalen Gesellschaft der Bildenden Künste (IGBK), des Internationalen Theaterinstituts Deutschland (ITI) und des des Dachverband Tanz, initiiert und gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Informationen im Bereich Musik entstanden in Kooperation mit dem European Music Council, gefördert im Rahmen des Programms Kreatives Europa der Europäischen Union sowie durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und die Stadt Bonn. Auch hier der Tipp: Newletter abonnieren!
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